Spargel aus der Schweiz

Einige Gedanken und Zahlen zur Nachhaltigkeit & Regionalität

Schweizer Spargelkonsum

Bei allen auffindbaren Zahlen ist dringend zu beachten, ob sie sich auf Grün- oder Bleichspargel beziehen. Der Einfachheit halber fasse ich diese zwei Varianten zusammen. Die nachstehenden Konsumzahlen beziehen sich auf Spargeln aller Herkunftsländer. Damit kommen wir auf eine Zunahme des Spargelkonsums pro Kopf und Jahr in der Schweiz um 300% auf circa 1,5kg seit den 80er-Jahren. Nun muss jedoch bedacht werden, dass erst vor ungefähr 20 Jahren der Konsum von Grünspargel als Gemüse richtig entdeckt wurde. Somit ist diese hohe Zunahme auch einer Einführung, einer „weiteren“ Gemüsesorte geschuldet. Grosso-modo kann gesagt werden, dass sich der Spargelkonsum zu je 50% auf weissen und grünen Spargel aufteilt.

 

 

Anbauflächen in der Schweiz (Stand 2014)

  • Innert 20 Jahren hat sich die Anbaufläche in der Schweiz von knapp 100 Hektaren auf über 320 Hektaren verdreifacht.
  • In den frühen 90er Jahren machte der Anteil der Bleichspargel bloss einen Drittel der Gesamtfläche für Spargelanbau (Grün und Weiss) aus. Heute belegt der Bleichspargel circa 75% der Gesamt-Spargel-Anbaufläche.
  • Wurde der Anbau von Grünspargel vor zwei Jahren stark forciert, bemerkt man im letzten Jahr eine klare Stagnation des Grünspargelanbaus.

Es kann also gesagt werden, dass der Schweizer Spargelanbau, rein Flächenmässig, mit dem zunehmenden Spargelkonsum Schritt gehalten hat.
Natürlich ist die Schweizer Landwirtschaft nicht in der Lage, die Nachfrage auch nur annährend mit hiesigen Spargeln zu decken. Wir sprechen hier von einem Anteil an Schweizer Spargel, gemessen am Schweizer Konsum, von unter 5%.
Von den gut 10-12 tausend Tonnen Spargeln die wir Schweizer konsumieren, wurden im Jahr 2011 250 Tonnen in der Schweiz produziert (Quelle: VSGP, Verband der Schweizer Gemüseproduzenten).

Die Top drei Import-Provenienzen sind:

• USA, vor allem Grünspargel mit 2‘600 Tonnen
• Spanien, mit gut 2‘000 Tonnen Grün und Bleichspargel
• Deutschland mit 1‘000 Tonnen vor allem Bleichspargel
Weitere wichtige Ursprungsländer sind China, Mexico, Frankreich, Österreich, Ungarn, Holland, Italien, Griechenland, usw.

Nachfrage nach Schweizer Spargel und Preisentwicklung

Die obigen Zahlen zeigen klar, dass der Schweizer Anbau von Spargel – ganz böse ausgedrückt – vernachlässigbar ist. Auch die oben erwähnte Vergrösserung der Anbauflächen um 300%, wirken sich angesichts der Konsumzahlen auf den Markt aus wie ein Tropfen auf den heissen Stein.
Bis vor 10 Jahren wurde ein grosser Teil des Schweizer Spargels direkt ab Hof und nur vereinzelt vom Gemüselieferanten in die Gastronomie geliefert. In den Gestellen der Detailhändler waren noch keine Schweizer Spargeln zu finden.
Die Fokussierung auf ein nachhaltiges und regionales Angebot, brachte die Schweizer Spargel auch in die Vertriebskanäle der Gross- und Detailhändler. Will ein Coop oder eine Migros Ihr Angebot auf Schweizerspargel ausweiten, bedeutet dies einen fulminanten Nachfrageanstieg. Die geforderten Mengen haben nichts mehr mit dem romantischen Hofverkauf der der Vergangenheit zu tun.

Angebot und Nachfrage – Die Preisentwicklung

Angebotsseite

Folgende zwei Punkte sprechen in der Theorie für einen Preiszerfall des Schweizer Spargels in den letzten 10 Jahren:

  • Die Anbaufläche und damit das Angebot von Schweizer Spargeln hat sich in den letzten Jahren verdreifacht (siehe oben).
  • Die Produzenten haben sich in den letzten Jahren professionalisiert. Pro Hektare kann heute mit einer Grösseren Ernte gerechnet werden als noch vor 10 Jahren.

Wie erwähnt macht Schweizer Spargel nur ein kleiner Prozentsatz (unter 5%) des hiesigen Spargelkonsums aus. Die „Marktmacht“ des Schweizer Spargels ist zu klein um den Preis zu beeinflussen. Zudem stellen die neuen Anspruchsgruppen höhere Anforderungen an das Produkt (Kalibrierung, zur Verfügung stellen von Spezifikationen, Labortests, etc.). Dies verteuert wiederum den Preis für Schweizer Spargel.

Nachfrageseite

Der folgende Punkt spricht in der Theorie für einen Preisanstieg des Schweizer Spargels in den letzten 10 Jahren:

  • Die Nachfrage nach Schweizer Spargel hat sich in den letzten Jahren erhöht (zB. Nachfrage des Detailhandels). Die Konsumenten achten vermehrt auf Regionalität und Nachhaltigkeit.

Auch hier verhindert der kleine Anteil an Schweizer Spargel am Gesamtmarkt einen spürbaren Einfluss auf den Marktpreis.

Vergleich Ökobilanz Schweizer und Import-Spargel - ohne Flugware:

Grundsätzlich ist der Spargel (Grün und Weiss), von der ernährungswirtschaftlichen Seite gesehen, ein problematischer Artikel. Der Anbau ist aufwendig und der resultierende Nährwertgewinn des Spargel ist gering. Dies trifft auf Spargeln aus allen Weltteilen zu. Grüner Spargel hat einen höheren Nährwert, deshalb liegt er im Vergleich zu seinem weissen Bruder leicht vorne.
Die Ökobilanz kann in folgende vier grundlegende Sparten gegliedert werden (absteigende Reihenfolge):

  • Bewässerung (vor allem in trockenen Gebieten ausschlaggebend)
  • Beheizung (in nördlichen gebieten ausschlaggebend)
  • Anbau (Verbrauch Fläche, Brachzeiten, Dünger)
  • Transport (Flugware ausgenommen)

Bewässerung

Wasser ist in trockenen Regionen ungleich teurer als in Gebieten mit regelmässigem Regenfall. Ein Spargelfeld benötigt pro Saison 700-900mm Regenmenge, um einen Anbau ohne zusätzliche Bewässerung sicher zu stellen. Wasser wird in der Ökobilanz nach Knappheit gewichtet. Ein Hektoliter Spanisches Wasser fordert mehr Umweltbelastungspunkte in der Ökobilanz, als ein Hektoliter Schweizer Wasser.
Wie oben erwähnt, wird ein Grossteil des Spargels aus trockenen Gebieten in die Schweiz importiert (Spanien steht aus Platz zwei). Deshalb wiegt die Bewässerung in der Spargel-Ökobilanz am stärksten.

Beheizung

Mit dem hiesigen Spargel kann ab Ende April, anfangs Mai gerechnet werden. Durch den Import aus südlichen Regionen sind wir uns jedoch frühere Ankünfte gewohnt (Spargel an Ostern). Spargelfelder können jedoch beheizt werden. Heizschlangen werden im Boden verlegt und sorgen dafür, dass Kälte und Frost von den jungen Trieben fern bleiben. In südlichen Regionen stellt sich dieses Problem, im Gegensatz zur Bewässerung nicht. Die Frage ist hier, was für Strom für die Beheizung bezogen wird. Eine Pellets-betriebene Heizung erzeugt deutlich mehr CO2 als wenn zB. Industrie-Abwärme genutzt werden kann.
…Dank der Abwärme einer Kunststofffabrik, die gleich neben einem seiner Spargelfelder steht. Die Rohre mit dem rund 30 Grad warmen Wasser machen eine Zusatzschleife von der Fabrik durch die Erddämme und wieder zurück. Die im Erdreich abgegebene Wärme beschleunigt das Spargel-Wachstum und kühlt dabei das Prozesswasser der Fabrik ab. (Quelle:Schweizerbauer.ch)

Anbau

Beim Spargel handelt es sich um eine mehrjährige Pflanze (wie der Rhabarber eine Dauerkultur). Ein Spargelfeld liegt 3-4 Jahre brach bevor geerntet werden kann. Auch in dieser Brache-Zeit muss gedüngt und bewässert werden. Ein „aktiviertes“ Spargelfeld kann 8-10 Jahre abgeerntet werden.
Das gibt Umweltbelastungspunkte-Abzug in der Anbau-Sparte.

Transport

Es überrascht, dass sich der Transport schwach auf die Ökobilanz auswirkt (ausgenommen Flugware). Natürlich darf der CO2-Ausstoss des Transportes nicht unterschätzt werden. Doch der Vergleich der Umweltbelastungspunkte der Bewässerung mit jenen des Transportes, spricht eine deutliche Sprache.

Flug-Transport

Anders sieht die Lage beim Flugtransport aus. Weisser Spargel ist transportabler, weil länger haltbar als grüner Spargel. So wird weisser Spargel vorzugsweise mit dem Schiff transportiert. Daher schneidet der weisse Spargel (zB. aus Peru) beim CO2-Ausstoss deutlich besser ab als der Grüne.
Grüner Spargel aus Mexico oder den USA, muss, um die nötige Frische zu gewährleisten, mit dem Flugzeug transportiert werden.

CO2-Bilanz

Um die Grössenverhältnisse des CO2-Ausstosses nachvollziehen zu können, zwei kleine Beispiele (Quelle: myclimate.ch):

Ein Flug Zürich – Berlin retour (1 Person): CO2-Ausstoss 344 kg
Ein Jahr Auto fahren (8 lt/100km / 15‘000km p.a. / Bleifrei): CO2-Ausstoss 4‘300 kg

  • Schweizer Spargel (LKW): ca. 0.5 kg CO2 / Kilo Spargel
  • Spanischer Spargel (LKW): ca. 0.7 kg CO2 / Kilo Spargel
  • Peruanischer Spargel (Schiff): ca. 0.9 kg CO2 / Kilo Spargel
  • Mexikanischer Spargel (Flug): ca. 12 kg CO2 / Kilo Spargel

Die obigen Zahlen machen die Unterschiede des CO-Ausstosses auf den ersten Blick deutlich. Nun wurde oben beschrieben, dass auch weitere Faktoren eine Rolle spielen, die in solchen Statistiken selten erwähnt werden:

  • Wird der Inland-Spargel bewässert?
  • Wird der Inland-Spargel beheizt?
  • Wenn beheizt wird, wo kommt der Strom her?
  • Kommt der Übersee-Spargel mit dem Schiff oder dem Flugzeug?

Saison (die Vernünftige...):

Die Saison beginnt, je nach Temperatur in den Tagen um Ostern. Traditionsgemäss wird der letzte Spargel am Johannistag, dem 24. Juni, gestochen. Dieser Tag liegt, glaubt man der Bauernregel, genau 100 Tage vor dem ersten Frost. Diese Zeit braucht die Spargelpflanze um auszuschiessen und um dadurch wieder genügend Kraft für die neue Saison zu tanken. Sollte das betreffende Feld im nächsten Jahr nicht mehr bewirtschaftet werden, könnte die Erntephase aber auch weiter ausgedehnt werden. 

Zuletzt aktualisiert am 22. Juni 2016 von Tiziano Marinello.

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